BETRIEBLICHES GESUNDHEITSMANAGEMENT: SO SETZEN SIE BGM IN IHREM UNTERNEHMEN UM

Definition Gesundheitsmanagement

Nach der Definition von Badura beschreibt der Begriff des betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) die Entwicklung und Steuerung von Strukturen und Prozessen in Betrieben, welche Arbeit, Organisation und das Verhalten am Arbeitsplatz gesundheitsförderlich gestalten. Dies kommt dabei den Angestellten und dem Unternehmen gleichermaßen zugute.1

Es sollen dabei die Belastung der Beschäftigung optimiert und Wege gefunden werden, die persönlichen Ressourcen zu stärken. Die Vorteile für Beschäftigte und Unternehmen entstehen so auf mehrere Weisen: Gute Arbeitsbedingungen und eine bessere Gesundheit der Beschäftigten erhöhen die Motivation und Produktivität, was wiederum die Arbeitsleistung und Innovationsfähigkeit des Unternehmen erhöht.

Unterschieden wird dabei zwischen der internen und der externen Arbeitgeberattraktivität. Die interne Attraktivität umfasst sogenannte Bindungsfaktoren, durch welche die Angestellten sich dem Unternehmen verbunden fühlen. Dazu gehören unter anderem eine faire Vergütung, gute Entwicklungsmöglichkeiten, die Möglichkeit der Einflussnahme und die Unterstützung der Gesundheit durch das Unternehmen.

Die externe Arbeitgeberattraktivität beschreibt die Faktoren, welche das Unternehmen für potenzielle Bewerber:innen attraktiv macht. Dies sind unter anderem flexible Arbeitszeiten, wettbewerbsfähige Vergütung, der Ruf des Unternehmens oder eine akzeptable Belastung.

Ziele des BGM

Die Ziele des Gesundheitsmanagements sind weiter gefasst als eine bloße Gesundheitsvorsorge der Beschäftigten. Vielmehr geht es darum, nachhaltig und langfristig Bedingungen zu schaffen, die eine hohe Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz möglich machen. Dafür wird ganzheitlich gearbeitet: Die Förderung der Gesundheit geht mit der Prävention von schädlichen Belastungen Hand in Hand. Damit die ergriffenen Maßnahmen wirkungsvoll sind, muss das BGM strategisch sorgfältig ausgearbeitet und die einzelnen Komponenten aufeinander abgestimmt sein.

Was macht BGM erfolgreich?

Die einzelnen Komponenten eines erfolgreichen BGM greifen ineinander und ergänzen sich gegenseitig. Damit dies gelingt, müssen einige grundlegende Dinge gegeben sein:

Zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren gehört, dass die Unternehmensführung das BGM fordert und mitträgt. Es ist ein Teil der strategischen Entwicklung und Ausrichtung des Unternehmens und muss einen dementsprechend hohen Stellenwert zugesprochen bekommen. Auch, wenn die Umsetzung des BGM sich durch alle Ebenen des Unternehmens zieht, ist das BGM immer auch Chefsache.

Nur, wenn auch die Unternehmensführung hinter dem Gesundheitsmanagement steht, kann der innovative Aspekt zum Tragen kommen: Eine Unternehmenskultur, welche die Gesundheit und damit auch die Leistungsfähigkeit und das psychische Wohlbefinden fördert, kann nur entstehen, wenn auch die Spitze des Unternehmens dies aktiv fordert. Dies muss entsprechend im ganzen Unternehmen kommuniziert werden.

Gleichzeitig ist die Beteiligung aller betroffenen Personen wichtig. Nicht nur Führungskräfte, sondern auch die Mitarbeitenden müssen in die Planung und Umsetzung der Maßnahmen eingebunden werden. Ein Hauptverantwortlicher garantiert, dass am Ende ein ganzheitliches und strukturiertes Konzept entsteht, das wirkungsvoll umgesetzt werden kann.

Ein wichtiger Punkt bei der Ausarbeitung eines BGM ist der Kostenfaktor. Ein funktionierendes Gesundheitsmanagement ist mit Investitionen verbunden, da z.B. neue Anschaffungen nötig sind oder externe Experten benötigt werden. Allerdings kann durch die Festlegung der entsprechenden Kennzahlen ein Return on Investment gemessen werden.

Konzeption eines BGM

Um Ressourcen zu sparen und ein effizientes BGM zu implementieren, ist es wichtig, von Beginn an strategisch vorzugehen, statt unkoordiniert einzelne Maßnahmen zu ergreifen. Ein funktionierendes Konzept für die Einführung eines Gesundheitsmanagement besteht im Idealfall aus 6 Phasen.

Ganz am Anfang steht die Bedarfsanalyse. Nachdem das Team der Verantwortlichen zusammengestellt wurde, muss ermittelt werden, welche Ziele das Gesundheitsmanagement verfolgen soll. Nur, wenn dies geschehen ist, können alle weiteren Maßnahmen zielführend ausgerichtet und spätere Ergebnisse auch tatsächlich gemessen werden.

In der anschließenden Analysephase werden zwei Schwerpunkte behandelt: Die Faktoren, welche direkten Einfluss auf die Gesundheit der Beschäftigten haben, sowie die Einbeziehung der Mitarbeitenden um einen Überblick über Ressourcen und Potenziale zu erhalten. Der nötige Aufwand der Analyse hängt dabei von der Ausgangssituation an.

Liegen (noch) keine gesundheitlichen Probleme vor, kann die Analyse sich auf die Salutogenese konzentrieren, also auf die Erhaltung der Gesundheit der Angestellten. Bestehen bereits Probleme, liegt der Fokus auf der Pathogenese, also der krankheitsorientierten Sicht. In diesem Fall geht es darum, die Ursachen von Problemen zu identifizieren und eine Änderung zu bewirken.

In der dritten Phase wird aus den Ergebnissen der beiden vorangegangenen Phasen ein Fazit gezogen. Der Erfolg der nächsten Schritte und der gesamten Implementierung einer BGM hängt davon ab, dass aus den Analysen die richtigen Schlüsse gezogen werden.

Anschließend gibt das Team der Verantwortlichen die beschlossenen Maßnahmen der dritten Phase für die Umsetzung frei. Die Umsetzung beginnt, wenn die Angestellten informiert und sie in die einzelnen Bestandteile des Gesundheitsmanagements eingeführt werden.

In der fünften Phase wird der Erfolg der umgesetzten Maßnahmen evaluiert. Dabei muss bereits im Vorfeld definiert werden, welche Faktoren relevant sind und in welchem Zeitraum sie sinnvoll messbar sind: Die Akzeptanz der Maßnahmen in der Belegschaft ist direkt nach der Implementierung messbar, eine Veränderung des Krankenstandes erst nach 2 oder 3 Jahren.

Die sechste und letzte Phase bezeichnet die Nachhaltigkeit. Denn das Gesundheitsmanagement ist kein abgeschlossener Prozess, sondern besteht aus dauerhaften Maßnahmen. Erst, wenn ein Unternehmen sie kontinuierlich umsetzt, sind sie auch ein fester Bestandteil der Unternehmenskultur.

Notwendigkeit von BGM

Das betriebliche Gesundheitsmanagement ist dabei kein Luxus, auf den Unternehmen ohne weiteres verzichten können. Tatsächlich gibt es sehr reale Gründe, die aufzeigen, wie dringend ein gutes und funktionales BGM gebraucht wird. Zwei davon sind das wachsende Alter der Bevölkerung und die steigenden Krankheitskosten.

Deutschland wird älter

Die Lebenserwartung steigt in Deutschland stetig an: Aktuell liegt der Anteil der über 65-Jährigen bei 20 %. 2030 wird er nach konservativen Schätzungen des statistischen Bundesamts schon bei 28% liegen.2

Für Unternehmen bedeutet dies, dass auch die Beschäftigten immer älter werden. Ältere Arbeitnehmer:innen sind allerdings öfter krank, was gravierende Auswirkungen für die Betriebe hat.3 Gerade in handwerklichen Branchen müssen viele Arbeitnehmer bereits vor ihrem gesetzlichen Rentenalter aus dem Berufsleben ausscheiden.

Die Krankheitskosten steigen

Auch die durch Krankheiten in Deutschland verursachten Kosten steigen signifikant an: Während sie im Jahr 2008 von bei 260,8 Milliarden Euro lagen 4, waren es 2015 bereits 338,2 Milliarden Euro 5. Die durch Krankheit entstehenden direkten und indirekten Kosten sind vielfältig: Sowohl der Arbeitsausfall als auch die Folgen ständiger Umstellungen in der Belegschaft wirken sich negativ auf die Produktivität aus. Diese Entwicklung macht es für Betriebe essentiell, gesundheitlichen Problemen vorzubeugen.

Kosten und Nutzen des BGM

Gesundheitliche Probleme der Beschäftigten stellen große Kostenfaktoren für Unternehmen dar. Das Institut für Höhere Studien in Wien fasste die Ergebnisse mehrerer Studien zusammen, die sich mit krankheitsbedingten Fehlzeiten, Absentismus, und Krankheitskosten beschäftigten:

Absentismus

In 14 Studien wurde nachgewiesen, dass die Maßnahmen der Gesundheitsförderung die Abwesenheit der Beschäftigten um 12% bis 36% reduzierte. Damit ging auch eine Reduktion von 34% der damit verbunden Kosten einher. Drei Studien berechneten das Kosten-Nutzen-Verhältnis, das sich im Bereich 1:1,25 und 1:4,85 bewegt. Dieses Verhältnis gibt dabei an, wie viel Dollar für jeden in die Gesundheitsförderung investierten Dollar mehr verdient wurde. 6

Krankheitskosten

In 32 untersuchten Studien kamen 28 zu dem eindeutigen Ergebnis, dass Maßnahmen zur Gesundheitsförderung zu einer Senkung der notwendigen Gesundheitsausgaben stehen. In Bezug auf Einsparungen bei den Krankheitskosten bewegt sich der Return on Investment zwischen 1:2,3 und 1:5,9. Andere Studien sprechen von einer Senkung dieser Kosten um 26,1%.

Auch, wenn die Studien im Durchschnitt über 3,25 Jahre hinweg durchgeführt wurden, werden viele der positiven langfristigen Effekte erst in der Zukunft offensichtlich werden. 7

Unterschied zwischen BGM und Gesundheitsförderung

Die Begriffe des betrieblichen Gesundheitsmanagements, BGM, und der betrieblichen Gesundheitsförderung, BGF, werden im Sprachgebrauch oft synonym verwendet. Dabei ist die Gesundheitsförderung tatsächlich nur eine Teildisziplin des Gesundheitsmanagements.

Das Gesundheitsmanagement fasst alle Maßnahmen zur Verbesserung von Arbeits- und Gesundheitsschutz, Arbeitssicherheit und der Gesundheitsförderung zusammen. Ebenso fällt auch das betriebliche Eingliederungsmanagement unter das Gesundheitsmanagement.

Die Gesundheitsförderung konzentriert sich hingegen auf Maßnahmen zur aktiven Förderung der Gesundheit der Beschäftigten. Dabei geht es beispielsweise darum Belastungen zu senken, ein positives Arbeitsklima zu schaffen oder zu informieren und Problemen vorzubeugen. Typische Bereiche sind Ernährung und psychische Gesundheit der Beschäftigten, aber auch Bewegung und Fitness.

Beispiele für betriebliches Gesundheitsmanagement

Große Unternehmen wie Audi oder Lufthansa haben umfangreiche Pläne für das Betriebliche Gesundheitsmanagement aufgestellt, die deutlich die Stärken eines ganzheitlichen Konzepts aufzeigen.

Audi

Das Gesundheitsmanagement von Audi beginnt mit der Feststellung der messbaren Veränderungen, die durch zunehmendes Alter entstehen. In einem medizinisches Checkup werden alle relevanten Gesundheitsdaten erfasst und im Gespräch mit dem Arzt eventuell notwendige Maßnahmen durchgegangen, um gesundheitlichen Problemen in der Zukunft vorzubeugen. Audi setzt dabei auf Informationen und Prävention: Zu den empfohlenen Maßnahmen zur Gesundheitsförderung zählen Entspannung, eine Ernährungsberatung in Kombination mit Bewegung, eine Gesundheitswoche, Prävention von Herz-Kreislauf- oder Rückenproblemen und eine Raucherentwöhnung. Die Teilnahme am Checkup liegt mit über 80% sehr hoch und zeigt das Interesse der Beschäftigten an ihrer eigenen Gesundheit.

Lufthansa

Auch Lufthansa hat ein ausführliches Gesundheitsmanagement. Ein eigener medizinischer Dienst mit Spezialisierung in den Bereichen Arbeits- und Flugmedizin kann Lufthansa fachkundig in den relevanten Bereichen unterstützen. Bei der Ausstattung der Arbeitsplätze achtet Lufthansa auf moderne Technik. Größere Veränderungen finden nur in Rücksprache mit Arbeitsschutzexperten und den Betriebsmedizinern statt.

Wie Audi setzt auch Lufthansa auf arbeitsmedizinische Untersuchungen und eine Unterstützung der eigenverantwortlichen Gesundheitsvorsorge durch Sport und Ernährung. Im Falle von Erkrankungen wird auf eine langfristige Genesung anstelle einer kurzfristigen Lösung gesetzt.

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